Ein kleines Licht am 11. Juli

von Heike Sieberns; Vikarin in Damnatz, Langendorf und Quickborn

Ich bin nur gut, wenn keiner guckt

Ich bin nur gut, wenn keiner guckt.
Wenn einer zuschaut, mach ich’s gleich verkehrt
und es ist nicht der Rede wert.
Ich bin so gut, wenn keiner guckt.

Wenn jemand guckt, werd’ ich nervös. Egal wie gut ich’s kann. Diesmal könnte es ja schief gehen. Und dann denken alle, ich hätte mich nicht vorbereitet. Dabei habe ich das sehr wohl gemacht. Und wie.
Wenn alle Augen auf mich schauen, ist mein Kopf nicht bei der Sache. Dann läuft nur noch folgende Dauerschleife: „Konzentriere dich. Das wird schon. Nicht ablenken lassen. Einfach machen. Jetzt denk nicht so viel. Mach einfach. Konzentriere dich. Das wird schon. Nicht ablenken lassen. Einfach machen…“

Schaut niemand zu, bin ich grandios.
Ein wahrer Meister vor dem Herrn.
Sie hätten mich echt gern.
Guckt einer, ist mit mir nichts los. 

Manchmal ist es wie verhext. Eigentlich ist alles wie immer. Und endlich könnte ich den anderen mal zeigen, dass ich nicht nur hier stehen und lächeln kann. Oder mit einem Witz versuche zu kaschieren, dass das hier grad nicht läuft. Die anderen kriegen es doch auch hin. Die stellen sich da freudestrahlend hin und machen einfach. Wie gern, würde ich das auch tun.

Sie sollten mich seh’n
wie wild ich tanzen kann
nur für mich, in meinem Zimmer.
Mein exaltiertes Dreh’n
da kommt keiner ran.
Allein kann ich es immer. 

Ich mache das so gerne! Vielleicht macht es auch so viel Spaß, gerade weil ich alleine bin. Nur für mich. Ich muss mich niemandem erklären. Ich muss auf niemanden Rücksicht nehmen. Dann bin ich richtig großartig und finde mich gut. Wenn sie mich sehen könnten, würde sie vor Neid erblassen. Aber… das hier sieht nie jemand. Das sehen immer nur ich.

Ich bin nur gut
wenn’s keiner sieht.
Wenn einer zuschaut,
ist es so: Ich verlasse mein Niveau.
Ich bin nur gut, wenn’s keiner sieht. 

Sie sollten mich hör’n
wie laut ich singen kann allein im Bad.
Ich schwöre!
Bis zum hohen C.
Sie wären sicher platt.
Das klingt wie drei Tenöre.

Manchmal bin ich selbst von mir überrascht. Wenn ich allein bin, bin ich gut. Manchmal auch nicht so gut. Aber was soll’s. Bekommt ja niemand mit. Und manchmal bin ich richtig grandios. Weil ich dann einfach mal gemacht habe. Ohne nach links und rechts zu schauen. Einfach frei raus.

Ich bin nur gut, wenn keiner guckt.
Das ist eigentlich fatal.
Im Grunde auch egal.
Denn ich bin gut, wenn keiner guckt.

Ich bin gut, wenn’s niemand sieht.
Ich bin gut. Das brauche ich mir eigentlich von niemandem bestätigen lassen. Trotzdem möchte ich das manchmal. Weil ich mir selbst nicht vertraue. Aber wenn ich das weiß, reicht’s im Grunde. Und was die anderen denken… die sagen manchmal auch viel, wenn der Tag lang ist. Und sind froh, dass sie über andere reden können, damit sie nicht über sich reden müssen.
Ich bin gut. Nur leider nicht immer für alle sichtbar.
Ich bin auch vieles andere: tollpatschig, verträumt, verbissen… Das sehen auch nicht alle. Sollen sie auch gar nicht.

Das hundertundsechzehnte kleine Licht.
Bleiben Sie behütet.
Ihre Vikarin Heike Sieberns

Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend auf der Startseite von Evangelisch-im-Wendland.de und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend, außer am Wochenende von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.

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