Ein kleines Licht am 2. Mai

All You Need is Love

Samstag Abend. Wieder Zeit für eine Andacht über einen Song, der mir am Herzen liegt. Weil der Mai ja der Monat der Liebenden ist, sollte der erste Mai-Samstag einem Lied über die Liebe gewidmet sein. Ich wähle heute die Liebeshymne schlechthin:

All You Need is Love“ von den Beatles.

Seit der fünften Klasse bin ich Beatles-Fan. Ich verdanke das meinem allerbesten Freund in diesen Jahren: Christian Bellmann. Meine allererste LP, die ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, war „With the Beatles“. Mit dem schwarzen Plattencover, auf dem nicht viel mehr als die Gesichter von John, Paul, George und Ringo zu sehen waren. Wie alle sehr jungen Beatles-Fans liebte ich zuerst ihre eingängigen Hits aus der Anfangszeit. Stücke wie „She Loves You“, „Cant‘t Buy Me Love“ oder „A Hard Day‘s Night“. Später stieg ich dann um auf die reiferen Stücke wie „Elenore Rigby“, „Strawberry Fields Forever“ oder „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“.

Irgendwann wurden die Beatles dann abgelöst von Deep Purple und AC/DC, von Ideal und Extrabreit und von U2 und The Police. Und zwischendrin war mir meine Beatles-Vergangenheit auch eher peinlich. Aber ich erinnere noch den 8. Dezember 1980, als John Lennon ermordet wurde. Der Traum, dass die Beatles noch einmal wieder zusammen finden würden, war ein für alle Mal ausgeträumt. Mir schien es, der halbe Schulhof war wie gelähmt. Ich war es auf jeden Fall.

Und noch heute, wenn im Fernsehen eine Dokumentation über die Beatles im Fernsehen läuft, sitze ich gebannt vorm Bildschirm. Irgendwie sind sie doch die besten.

Aber nun zu diesem Stück „All You Need is Love“. Der Song ist unwahrscheinlich eingängig. Jedes kleine Kind überall auf der Welt kann den Refrain nach dem erste Hören mitsingen. Allein die Titelzeile wird schon 29 mal gesungen, 5 mal variiert und das Wort „Love“ wird 34 mal gesungen. Ungefähr. Mehr Liebe in drei Minuten und 51 Sekunden geht nicht.

Doch deshalb sollte man nicht glauben, dass dieses Stück simpel gestrickt wäre: Der Refrain besteht aus sieben 4⁄4-Takten und einem 2⁄4-Takt. Dagegen beginnt die Strophe mit dem zweimaligen Wechsel von einem 4⁄4-Takt zu einem 3⁄4-Takt. Es folgen drei 4⁄4-Takte und ein 3⁄4-Takt am Ende. Man kann diese Taktwechsel damit auch als 7⁄4-Takte verstehen. In dieser Taktart oder mit solchen Taktwechseln sind insgesamt überhaupt nur eine handvoll bekannter Popsongs komponiert worden. Trotzdem klingt der Song nicht kompliziert, sondern er schmeichelt sich ins Ohr.

Die häufigen Wiederholungen der Titelzeile „All You Need is Love“ oder allein schon des Wortes „Love“ könnten eigentlich schnell langweilig werden. Gerade wer das Wort „Liebe“ derart strapaziert, läuft Gefahr, schnulzig oder kitschig zu klingen. Aber bei diesem Song ist es anders: Auch nach 53 Jahren gehört dieses Stück der Beatles zu den beliebtesten und meist gespielten.

Statt die Nerven zu gehen, entfaltet das Lied eine eher meditative Wirkung. Das ständige Loveklingt wie ein Mantra, eine Beschwörung, das Herbei-Singen einer Lebenskraft.

Denn es geht bei dieser Liebe nicht um irgendwelche romantischen Geschichten. Es geht um kein rührseliges Mann-liebt-Frau-Geschmachte wie in den ersten Hits der Beatles. Es geht in diesem Song um die Liebe an sich. Beziehungsweise geht es um ein neues Leben in und aus der Liebe. Um eine neue Einstellung zur ganzen Welt und zu allen Menschen überhaupt.

So einfach die Titelzeile mitzusingen ist, so leicht kann man sie auch missverstehen: „All You Need is Love“ kann auf deutsch sowohl „Alles, was du brauchst, ist Liebe“ wie auch „Alles, was ihr braucht, ist Liebe bedeuten“. Beide Lesarten können im Prinzip nebeneinander stehen bleiben.

Doch im Zusammenhang der Entstehung und der Live-Aufführung wird deutlich, was zumindest ursprünglich mit diesen Worten gemeint ist. Außerdem werden in der Show Plakate mit Übersetzungen in andere Sprachen gezeigt. Und das steht auf deutsch „ihr“, nicht „du“. Angesprochen wird also nicht nur ein einziger sondern alle. Alle Völker, die gesamte Menschheit, die allein Liebe braucht. Der internationale Charakter des Stücks wird auch durch seinen Beginn mit der Marseillaise, der französischen Nationalhymne, unterstrichen.

Der Song „All You Need is Love“ ist nicht zufällig, sondern aus einem konkretem Anlass entstanden. Er ist eine Auftragsproduktion der Beatles für die BBC, für das britische Fernsehen. Das Video zeigt den Live-Auftritt der Beatles in der Fernsehsendung „Our World“, der ersten weltweit ausgestrahlten Fernsehproduktion. Die Show wurde live in 31 Länder übertragen und von 400 Millionen Fernsehzuschauern gesehen.

Nur ein Teil der Instrumente kamen vom Playback. In der Sendung spielten die Beatles und 13 Orchestermusiker. Ebenfalls auf der Bühne ist Mick Jagger von den Rolling Stones zu sehen. Er und Keith Richards und viele andere namhafte britische Künstler wie Marianne Faithful, Eric Clapton von Cream oder Keith Moon von den Who sangen bei dem Lied in der Show als Gäste mit oder klatschten den Takt.

John Lennon singt die Strophen des Liedes:

Es gibt nichts, was ihr tun könnt,
das nicht getan werden kann.
Nichts, was
ihr singen könnt,
das nicht gesungen werden kann.
Nichts, das i
hr sagen könnt,
aber ihr könnt lernen, wie man das Spiel spielt.
Es ist leicht.“

Nichts, was ihr machen könnt,
das nicht gemacht werden kann.
Es gibt keinen, den
ihr retten könnt,
der nicht gerettet werden kann.
Nichts, was
ihr tun könnt,
Aber
ihr könnt rechtzeitig lernen,
wie ihr ihr selber sein könnt.
Es ist leicht.“

Es gibt nichts, was ihr wissen könnt,
das noch nicht bekannt ist.
Nichts, was
ihr sehen könnt,
das es nicht zu sehen gibt.
Es gibt keinen Ort, an dem
ihr sein könnt,
wo
ihr nicht hingehört.
Es ist leicht.“

John Lennon singt von Schwierigkeiten, vor denen die Menschen in der Welt stehen. Was man gerade tun, singen, machen, sagen sollte. Menschen, die man retten sollte. Dinge, die in einer Welt falsch laufen, in der Kriege geführt werden, die Nationen sich gegeneinander aufrüsten, wo Menschen an Hunger sterben und wo überall Gegensätze und Grenzen zwischen den Menschen gesehen werden.

Aber all das sind nur scheinbare Schwierigkeiten und Hindernisse, die doch im Prinzip ganz einfach zu überwinden wären. Alles ist da, alles liegt offen, um die Probleme der Welt zu lösen und um Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen. Alles, was wir dafür brauchen, ist Liebe.

All You Need is Love“ ist damit die perfekte Hymne des „Summer of Love“ von 1967. Der Soundtrack der Hoffnung aller Hippies, die die Welt allein mit Liebe, Spaß und Lebensfreude, mit freier Liebe, LSD und Marihuana zum Guten kehren wollten. Eine Utopie, die aus heutiger Sicht naiv und unrealistisch erscheint.

Allein mit dem Wunsch nach Liebe kannst du keine neue Welt bauen. Da braucht es auch Vernunft, Zielstrebigkeit, Verantwortungsbewusstsein, einen kühlen Kopf, Kompromisse und Durchhaltevermögen – alles Dinge, die vielleicht nicht zu den Stärken der Hippie-Bewegung gehörten.

Aber, und das vermisse ich in den politischen Debatten von heute: Diese Generation von 1967, 1968 traute der Liebe und überhaupt den guten Kräften im Menschen etwas zu. Sie holten die Liebe aus der privaten Abgeschiedenheit, um damit in der Welt etwas zu bewirken.

Und dieser Versuch ist nicht gescheitert, er ist nicht einmal abgeschlossen. Vielleicht wird ist es Zeit, dass wieder mehr Liebe und mehr Herz und damit auch Solidarität und Mitgefühl in die Politik zurückkehrt.

Der christliche Glaube jedenfalls räumt der Liebe im Handeln und im Tun allergrößte Wichtigkeit ein: Wir sollen unseren Nächsten lieben. Sogar unsere Feinde. Wir sollen all unsere Dinge durch die Liebe geschehen lassen. Wir sollen aus und von der Liebe Gottes leben und all unsere Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt lieben. Das klingt doch verdammt nach „All You Need is Love“.

Das sechsundvierzigste kleine Licht.

Bleiben Sie gesund oder werden Sie gesund.

Ihr Pastor Jörg Prahler

Hinter diesem Link finden Sie noch eine qualitativ bessere Version von „All You Need ist Love“.

 

Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend auf der Startseite von Evangelisch-im-Wendland.de und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.

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Rückmeldungen, Fragen oder Anregungen gerne an joergprahler@gmx.de.

Ein Kommentar

  1. Okay, die Frage aller Fragen: Beatles oder Stones?
    Lieblingssong der Beatles?
    Was ist der beste Love-Song aller Zeiten?

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