Kleine Predigt am Gründonnerstag

Füße waschen

An Gründonnerstag hat Jesus das Abendmahl erfunden. An dem Abend, als man ihn verraten hat, saß Jesus vorher noch mit seinen Jüngern zusammen. Sie haben das Passahmahl gefeiert. Und dann wich Jesus vom normalen Ablauf des Passahfestes ab. Er nahm das Brot, danke, brach‘s, gab es seinen Jüngern und sprach: „Nehmet hin und esset. Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird …“ und so weiter und so weiter.

So hat Jesus das Abendmahl erfunden. Das weiß man vielleicht noch aus dem Konfirmandenunterricht. Mit diesen Worten erzählen das die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas. So kannte das der Apostel Paulus. So hat Paulus es an alle Gemeinden weitergegeben, die er besucht und gegründet hat. Und so wird in allen christlichen Gemeinden bis heute das Abendmahl gefeiert. Besonders eben am Gründonnerstag. Na gut, heute gerade nicht – wegen Corona.

Aber wisst ihr eigentlich, dass das vielleicht auch alles ganz anders gekommen wäre?

Matthäus, Markus und Lukas erzählen die Geschichte von Gründonnerstag sehr ähnlich. Der vierte Evangelist, Johannes, aber tanzt total aus der Reihe. Bei Johannes wird am Passahmahl von Jesus nichts geändert. Aber nach dem Essen macht Jesus etwas, das die anderen drei Evangelisten an dieser Stelle nicht erzählen:

Jesus steht auf vom Tisch, legt seinen Mantel ab, gießt Wasser in eine große Schale und fängt an, seinen Jüngern die Füße zu waschen. Eine Arbeit, ein Dienst, den sonst nur die Sklaven oder die einfachsten Diener zu verrichten haben. Die Füße gewaschen zu bekommen, das war schön und angenehm. Die Straßen draußen waren staubig und man war in Sandalen unterwegs.

Nichtsdestotrotz war das aber eben auch eine niedere Arbeit. Nichts für feine Leute oder für hochgestellte Persönlichkeiten. Und wenn ich mir meine Füße so vorstelle nach einem langen Tag in Sandalen, dann kann ich das irgendwie auch verstehen.

Jesus, der Herr und Meister dieser Gruppe, macht also eine Arbeit, die eigentlich sonst nur Untergebene zu tun haben.

Die Jünger sind deshalb ziemlich verwirrt. Petrus versteht überhaupt nicht, was da gerade passiert. Aber deshalb erklärt es Jesus am Ende noch mal:

Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt ihr euch untereinander die Füße waschen. Denn ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe. Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt, Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ (Johannes 13)

Foto: Sandro Almir Immanuel / pixelio.de

Johannes hat wohl tatsächlich für eine Gemeinde geschrieben, die das Abendmahl gar nicht gekannt oder wohl zumindest nicht gefeiert haben. Statt dessen haben sich diese Christinnen und Christen in ihren Gottesdiensten gegenseitig die Füße gewaschen. Erst mit der Zeit haben sich die Christen um Johannes dann auch der Mehrheit angeschlossen. Die Geschichte mit der Fußwaschung steht weiterhin in der Bibel, der Papst wäscht am Gründonnerstag zum Beispiel Häftlingen oder Flüchtlingen die Füße. Aber als Brauch oder als Sakrament hat sich die Fußwaschung nicht so richtig durchgesetzt.

Ich finde das eigentlich schade.

Denn an sich ist das doch ein gutes Zeichen: Jeder ist für jeden da. Und dieses Zeichen bringt oben und unten so schön durcheinander. Wie sähen unsere Gemeinden aus? Wie sähe unsere Welt aus, wenn die Chefs regelmäßig mal ihrem einfachsten Arbeiter die Füße waschen würden? Oder der Pastor den Konfis? Die Enkelkinder ihren Großeltern? Die Stars ihren Fans?

Jeder, auch der größte Hungerleider, bekommt mal Gutes getan. Und jeder, auch der vornehmste und mächtigste Kerl, muss mal anderen etwas Gutes tun. Die feinen Sachen ausziehen und auf Knien dem anderen die Füße waschen. Ich glaube, wir würden uns alle mit anderen Augen sehen. Wir würden uns näher sein und keiner könnte mehr in ganz verschiedenen Welten leben. Der Zusammenhalt in der Gesellschaft würde stärker werden.

Die Armen würden sich zumindest in diesem Augenblick einmal wie ein König fühlen. Und die Reichen – und das fände ich viel wichtiger – würden einmal selber fühlen wie das ist: Als Diener. Als kleiner Mann oder als einfache Frau. Ich denke, das würde allen helfen, ein besserer Mensch zu sein. Das könnte viel verändern.

Amen.

Und der Geist Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre eure Herzen in Christus Jesus. Amen.

Euer Pastor Jörg Prahler.

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