06. April 2020 – Analog

Gedanken zum Tag

Spätestens im digitalen Zeitalter weiß doch jedes Kind, „analog“ ist alt, veraltet, überholt, braucht kein Mensch mehr. Analog ist aus der Steinzeit. Analog ist wie Selbstgebasteltes, das erfreut nur die Mütter von kleinen Kindern und deren  große Barmherzigkeit. Analog – entsprechend, ähnlich, vergleichbar, gleich, direkt. Eisessen geht nur analog. Küssen geht nur analog. Ein Bild auf WhatsApp mit Kussmund ist kein echter Kuss. Ich liebe es analog, darum schreibe ich ausgesprochen gerne Postkarten. In dieser Zeit erst recht. Eine Postkarte ist was zum Anfassen. Da hat jemand die Briefmarke aufgeklebt. Da hat jemand diese Worte für mich aufgeschrieben, mit einem echten Kugelschreiber, manchmal sogar mit einem Tintenfüller. Es muss gar nicht viel auf der Karte stehen, die Karte reicht mir schon. Was zum Anfassen eben, ganz analog. Und nur für mich. Kein Serienbrief, kein automatisiertes Schreiben, nichts Gedrucktes. Von Hand geschrieben. Man kann die Karte noch mal lesen und später noch einmal. In der Küche an den Schrank klemmen und zwischendurch einen Blick darauf werfen. Der oder die hat an dich gedacht. Wie schön. Briefmarken gehören nicht gerade zu den Dingen, die immerzu ausverkauft sind. Man gut! Was zum Anfassen braucht der Mensch, nicht bloß vor Augen, nicht bloß im Sinn, nicht bloß gedacht und vorgestellt, sondern in echt. Spürbar. Analog eben.
Eine sagt: „ Immer dieses WhatsApp. Ich schreibe meinen Kindern in diesem Tagen ab und an eine Postkarte. Und die freuen sich darüber.“ Kann ich verstehen. Von bloßen Bildern, von bloßen Worten, auch von bloßer Hoffnung irgendwie – kann man nicht leben. Die werden nicht satt, sagte der Herr, von bloßen Worten, von bloßer Hoffnung werden die nicht satt. Die brauchen was zum Anfassen. Die brauchen Brot. Damit ihre Hoffnung Hand und Fuß hat. Und am Ende wurden Tausende satt. 5000 und mehr. Einer machte den Anfang – ganz analog, ganz wirklich – und am Ende wurden alle satt. Geteiltes Brot. Geteilte Freude. Geteiltes Leid. Was eben da ist, kann man teilen. Und die Zuversicht ist keine Illusion. Ja, Herr, mach es heute auch: Brotwunder.

Pastorin Susanne Ackermann
St. Johannis Dannenberg
06. April 2020