Ein kleines Licht am 20. März

Die Geschichte vom alten Mann, seinem Sohn und seinem Pferd

Vor vielen, vielen Jahren lebte ein alter Mann in einem kleinen Dorf irgendwo in China. Der Mann wohnte zusammen mit seinem einzigen Sohn in einer kleinen Hütte am Rande des Ortes. Die beiden besaßen nicht mehr als ein paar steinige Felder und einen wunderschönen Hengst. Um dieses prächtige Pferd wurden sie von allen im Dorf beneidet. Schon unzählige Male hatte man dem altem Mann einen großen Batzen Geld für seinen Hengst geboten. Doch der alte Bauer hatte immer wieder abgelehnt. Der Hengst wurde für die Arbeit auf dem Feld gebraucht und der alte Mann hatte Freude an dem edlen Tier.

Eines Tages aber war der Hengst aus seiner Koppel ausgebrochen und spurlos verschwunden. Die Nachbarn kamen vorbei und schalten den Alten. Sie sagten: „Du Narr, warum hast du den Hengst nicht schon längst verkauft? Von dem Geld hättest du eine lange Zeit und ohne Sorgen leben können. Aber jetzt ist es so weit, die Ernte einzubringen. Und du hast gar nichts mehr: Weder ein Pferd, noch Geld für einen Helfer. Was für ein Unglück!“

Der alte Mann aber schaute sie an und sagte nur: „Ist es ein Unglück? Mal sehen, denn wer weiß? Das Leben geht seinen Weg. Man soll nicht urteilen und kann nur hoffen und vertrauen.“

Der alte Mann und sein Sohn machten sich jetzt ohne das Pferd an die Arbeit. Sie arbeiteten von früh bis in die Nacht und kamen nicht gut voran. Es so aus, dass ihnen die Ernte auf dem Feld verderben würde.

Doch ein paar Tage später kam der Hengst zum Hof des alten Bauern zurück. Und mit ihm zusammen kam eine Herde von zwölf wilden Stuten, die dem Hengst gefolgt waren. Jetzt waren die Leute im Dorf begeistert. „Du hast wirklich Recht gehabt“, sagten sie zu dem alten Mann. „Dein Unglück hat sich als ein großes Glück erwiesen. Diese zwölf Wildpferde sind ein Geschenk des Himmels und werden dich reich machen!“

Der Alte aber sagte nur: „Ist es ein Glück? Mal sehen, denn wer weiß? Das Leben geht seinen Weg. Man soll nicht urteilen und kann nur hoffen und vertrauen.“

Die Dorfbewohner schüttelten den Kopf über den wunderlichen Alten. Warum konnte er nicht sehen, was für ein unglaubliches Glück ihm widerfahren war? Mit Hilfe des Hengstes war die Ernte in Windeseile eingebracht.

Am Tag darauf begann der Sohn, die neu gewonnenen Wildpferde zuzureiten. Doch gleich beim ersten Versuch warf ihn eines der wilden Pferde ab. Er stürzte so heftig und so unglücklich, dass er sich beide Beine dabei brach. Die Nachbarn im Dorf versammelten sich schon wieder und sagten zu dem alten Mann: „Du hast wirklich Recht gehabt. Das Glück hat sich als Unglück herausgestellt. Dein einziger Sohn ist jetzt lahm für viele Monde lang. Vielleicht wird er nie wieder richtig gehen können. Wer soll jetzt auf deine alten Tage für dich sorgen?“

Aber der Alte blieb wieder mal gelassen und sagte zu den Leuten: „Ist es ein Unglück? Mal sehen, denn wer weiß? Das Leben geht seinen Weg. Man soll nicht urteilen und kann nur hoffen und vertrauen.“

Der alte Mann war jetzt mit der Arbeit auf dem Hof alleine. Zusätzlich hatte er jetzt noch seinen Sohn zu pflegen. Dafür musste die Zähmung der Wildpferde erst einmal warten.

Ein paar Tage später begann ein Krieg irgendwo an der Grenze des Landes. Der Kaiser brauchte neue Soldaten. Deshalb schickte er seine Beamten aus und alle jungen Männer im Dorf wurden in die Armee gezwungen. Nur den Sohn des alten Mannes ließen sie da. Mit seinen gebrochenen Beinen konnten sie ihn nicht gebrauchen. Und auch die Pferde ließen sie dem Bauern. Die Stuten waren ihnen zu wild und an den schönen Hengst trauten sie sich nicht heran.

Wieder kamen die Leute aus dem Dorf: „Ach, was hast du wieder für ein Glück gehabt!“, riefen sie. Der Alte aber sagte: „Mal sehen, denn wer weiß? Ich vertraue darauf, dass das Glück am Ende bei dem ist, der hoffen und vertrauen kann. Denn ohne Hoffnung ist dein Glück schon längst verloren“.

Der Verfasser dieser kleinen Geschichte ist unbekannt. Trotzdem wird diese Geschichte von dem alten Mann und seinem Sohn und seinem Hengst in verschiedenen Varianten weitererzählt und weitergegeben. Das hat einen Grund.

Die Erzählung erinnert uns Menschen, dass wir oft viel zu schnell über eine Sache urteilen und häufig auch viel zu wenig vertrauen. Der alte Bauer nimmt das Leben, wie es kommt. Und er macht das Beste daraus. Er nimmt sich Ruhe und Zeit, um seine Schlüsse zu ziehen. Er wartet ab, wie sich die Dinge entwickeln. Dann fällt er sein Urteil. Und er ist voller Hoffnung und voll Vertrauen.

In diesen Tagen überstürzen sich in Deutschland und in der Welt die Ereignisse. Keiner kann sagen, was die Zukunft bringt. Das macht vielen Menschen Angst und Angst ist ein schlechter Ratgeber.

Ein einfacher Trick hilft mit, ruhiger, überlegter und gelassener zu sein. Ich frage mich: „Was bedeutet das in fünf Jahren?“ Unsere Konfirmationen sind auf unbestimmte Zeit verschoben. So was gab es seit Jahrzehnten nicht. Im Augenblick kann ich mir gar nicht vorstellen, was das eigentlich bedeutet. In fünf Jahren aber werden alle diese jungen Menschen längst konfirmiert sein. Sie werden in den Beruf oder in ihr Studium starten. Keiner wird mehr traurig sein, dass er 2020 erst im Herbst oder erst im folgenden Jahr konfirmiert wurde.

Ein Paar muss seine Hochzeit verschieben, all ihre Pläne sind durchkreuzt. In fünf Jahren werden sie trotzdem ein glückliches Ehepaar sein. Und sie werden darüber erzählen, wie sie allen Widrigkeiten zum Trotz später eine wunderschöne Hochzeit gefeiert haben. Das kann sie stark machen, auch andere Probleme gemeinsam zu meistern.

Und für einen guten Blick nach vorne können Sie heute schon die richtigen Entscheidungen treffen: Woran wollen Sie 2025 zurückdenken, wenn Sie sich an dieses Frühjahr erinnern? Dass Sie im Supermarkt den Kampf um die letzte Rolle Klopapier gewonnen haben? Oder dass wir alle in der Zeit der Not aufeinander geachtet haben? Und dass die Starken den Schwachen geholfen haben, als es drauf ankam. Das entscheiden wir jetzt mit unserem Handeln.

Hoffen, vertrauen und glauben Sie!

Das dritte kleine Licht.

Bleiben Sie gesund. Werden Sie gesund.

Ihr Pastor Jörg Prahler

Foto: Christof Zach / pixelio.de

 

Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend hier und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.

“Meine Oma hat aber gar kein Internet”? Aber du! Es ist ausdrücklich erlaubt, diese Beiträge auszudrucken, zu verschicken, zu teilen oder zu verlinken. Gebt sie gerne an alle weiter, die sich darüber freuen und vor allem an die, die sonst keine Zugang dazu hätten.

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